Genossenschaft möchte Kunstzentrum in Hastedt schaffen
Eintrag von am 02.08.2023
In Hastedt möchte die Genossenschaft Raum Union ein leer stehendes Bürogebäude zu einem Kunstzentrum ausbauen. Auch für das Könecke-Gelände gibt es Pläne.
Die Spitze des Bürogebäudes am Hastedter Osterdeich erinnert mit ein wenig Fantasie an eine Miniaturausgabe des weltberühmten Flat Iron-Gebäudes in New York. An der Fassade prangt der Name des in Bremen bekannten Eigentümers: LDW oder auch Lloyd Dynamowerke. Hunderte, wenn nicht Tausende Radler und Spaziergänger kommen täglich daran vorbei, aber einen Blick hinein können sie nicht werfen. Doch das soll sich ändern, denn hinter der Fassade sollen künftig keine Generatoren oder Elektromotoren gebaut und gewickelt werden, sondern auf annähernd 2700 Quadratmetern wollen Künstlerinnen und Künstlern das leer stehende Gebäude mit Leben füllen.
Dabei begann das Vorhaben in Hastedt nicht einmal mit der Idee, ein Künstlerhaus zu schaffen, sondern mit der Suche nach einem einfachen Atelierraum. "Ich habe über ein Jahr nach einem Atelierplatz gesucht", sagt Klaas Wurtmann, der zuvor in Woltmershausen ein Atelier hatte, über die schwierige Suche nach passenden Räumen in Bremen. "Entweder gab es keine Angebote oder sie waren nicht gut." Letztlich entschied sich der Neustädter, Flächen zu suchen und diese selber umzubauen. Fündig wurde er in Hastedt bei den Lloyd Dynamowerken, die einen Mieter für das leer stehende Betriebsgebäude suchten.
HOHER BEDARF AN FLÄCHEN
Das gesamte Gebäude wäre für Wurtmann allerdings zu groß gewesen. "Ich habe dann Mitstreiter gesucht und Bekannte angesprochen", erzählt Wurtmann bei einem Rundgang durch das Gebäude. Schnell habe sich herausgestellt, dass es einen hohen Bedarf gibt.
Bei dem Spaziergang wird klar: Es ist etwas in die Jahre gekommen das Bürogebäude. Ein Chic eher vergangener Zeiten. Teilweise sind Waschbecken abmontiert, ein leerer Safe in einem ehemaligen Büroraum, das Stahlbeton-Skelett des Gebäudes offenbart sich in einem Geschoss. Auf der anderen Seite sind aber auch moderne Isolationsfenster eingebaut.
Wurtmann spricht von 30 Interessierten, die sich vorstellen können, in Hastedt ihre Ateliers einzurichten. Der Künstler hat Digitale Medien studiert, in Agenturen gearbeitet. Nur nebenbei habe er gemalt. Doch in den vergangenen Jahren änderte sich sein Schwerpunkt. "Ich will zukünftig nur noch von der Malerei leben", sagt Wurtmann, der im niedersächsischen Umland aufgewachsen ist.
Und damit kommt er zu einer Frage, die sich viele Künstlerinnen und Künstler stellen: Wie kann ich von meiner Arbeit, von der freien Kunst, leben? An dieser Stelle erhofft sich Wurtmann Synergie-Effekte im künftigen Künstlerhaus. "Darum treibe ich das an: damit sich die Kunstschaffenden gegenseitig unterstützen können."
GENOSSENSCHAFT SOLL MIETEN UND PACHTEN
Wie aber organisiert man ein solches Haus, so unterschiedliche Charaktere? An dieser Stelle traf Wurtmann auf eine Hemelinger Besonderheit: der Raum Union. Dahinter verbirgt sich eine Genossenschaft in Gründung, deren Kern sich aus Mietern und Nutzern des Wurst Case, dem ehemaligen Verwaltungsgebäude Köneckes, zusammensetzt, darunter auch die ZZZ, die im Auftrag der Stadt Zwischennutzungskonzepte für leer stehende Immobilien entwickelt.
Im dreiköpfigen Vorstand ist auch der Linken-Politiker Ingo Tebje aus Hemelingen. Er begleitet Wurtmann auf dem Rundgang durch das Gebäude und gibt Einblicke, was die Genossenschaft in Hemelingen vor hat. "Die Idee ist aus einem Kreis der Nutzerinnen und Nutzer auf dem Könecke-Gelände entstanden", sagt Tebje.
Das Gelände ist im Eigentum des Immobilienkonzerns Wohninvest und soll wie auch das benachbarte Coca-Cola-Gelände einem neuen Quartier weichen. Noch ungeklärt die Frage, was mit dem Verwaltungsgebäude von Könecke und den Mietern darin geschieht.
Die Gründung der Genossenschaft ist also eine Antwort auf diese Frage. "Die Idee ist, dass es eine Genossenschaft geben soll, die Räume für Künstler, Selbstständige und soziale Einrichtungen anbieten kann", fährt Tebje fort.
Im Blick hat die Genossenschaft in Gründung dabei in Hemelingen das Verwaltungsgebäude von Könecke und das Gebäude der Lloyd Dynamowerke. Die künftigen Nutzer würden also Mitglieder der Genossenschaft werden. Tebje ist überzeugt, dass das eine sogenannte Win-Win-Situation für alle Beteiligten ist. "Die Unternehmen können Gebäude vermieten, die sonst schwer zu nutzen sind, die Nutzer bekommen vergleichsweise günstige Räume."
GEMEINSAM STARK
Die Genossenschaft könnte zukünftig als Mieter gegenüber den Eigentümer auftreten – durchaus praktikabler für die Unternehmen als Verträge mit einzelnen Mietern abzuschließen. Es gibt den Genossenschaftsmitgliedern aber auch ein größeres Gewicht und mehr Möglichkeiten. "Ein Gedanke, den wir haben, ist das Könecke-Gebäude in Erbpacht zu mieten oder uns ein Vorkaufsrecht einräumen zu lassen", sagt Tebje.
Ein genossenschaftlich getragenes Gebäude mit Kleingewerbe und Künstlern – das ist auch im Sinne der produktiven Stadt, das die Stadtplanung auch für das Cola-Könecke-Gelände vorsieht. Das bedeutet, dass Wohnen und wohnverträgliches Gewerbe in einem Quartier möglich sein sollte, etwa wie es auch im Tabakquartier in Woltmershausen der Fall ist.
Wurtmann hofft für das Lloyd-Gebäude auf einen Kulturstandort in Hemelingen mit Strahlkraft nach Außen, von dem auch der Vermieter profitieren könnte. Nun sollen aber erst einmal Schritt für Schritt Räume vergeben werden. "Ich mache die Initialzündung und hoffe auf ein lebendiges Haus, in dem sich Menschen austauschen, aber das sich auch nach Außen öffnet", sagt Wurtmann. In der Kantine seien beispielsweise Ausstellungen und Vorträge denkbar.
Derzeit sieht es nach einem Erfolg aus: Nach Wurtmanns Angaben sind bereits ein Großteil der Räume im ersten Obergeschoss vergeben. Nun sollen möglichst rasch die Mietverträge unterschrieben werden. (c) Weser Kurier, 26.06.2023, Bremer Tageszeitungen AG, Martinistrasse, 28195 Bremen
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(WURST CASE)
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