Beirat vertraut den Festival-Veranstaltern
Eintrag von am 23.04.2018
Das Festivalprojekt des Vereins „Kulturbeutel“, das diesmal "Irgendwo" heißt, hat eine wichtige Hürde genommen: Der Beirat Neustadt hat grundsätzlich zugestimmt.
Neustadt. Die jungen Kulturschaffenden, die für den Sommer eine Neuauflage des Open-Air-Festivals "Anderswo" auf einem Areal zwischen Airbus-Allee und Amelie-Beese-Straße planen, können aufatmen. Das Projekt des Vereins „Kulturbeutel“, das diesmal "Irgendwo" heißt, hat eine wichtige Hürde genommen: Der Beirat Neustadt hat nun grundsätzlich zugestimmt.
Während der Beiratssitzung, die auch von auffällig vielen jungen Leuten besucht wurde, berichtete Thomas Lecke-Lopatta vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr (SUBV): „Das Lärmgutachten hat nicht alle wesentlichen Aspekte erfasst, zum Beispiel die Tatsache, dass sich der Schall in den oberen Stockwerken der Wohnhäuser verstärkt. Wenn die Musikveranstaltungen noch einmal stattfinden sollen, müssen die Rahmenbedingungen verändert werden.“ Dazu zählt Lecke-Lopatta verkürzte Nachtzeiten, in denen Musik gespielt wird, längere Abstände zwischen den Abenden mit Musik sowie Lärmschutzmaßnahmen. Mehrere Beiratsmitglieder lobten das Projekt „Irgendwo“, so etwa Johannes Osterkamp (Grüne): „Den jungen Leuten gebührt Anerkennung, auch wegen ihrer großen Bereitschaft, mit den Anwohnern in der Nachbarschaft zu reden – man sollte ihnen eine Chance geben.“
Der Beirat votierte nach leidenschaftlicher, langer Diskussion mit sieben Stimmen bei sechs Enthaltungen – also einstimmig – für das Projekt „Irgendwo“ an der Amelie-Beese-Straße, wenn auch mit etlichen Auflagen. So sollen während der Musikveranstaltungen Lärmmessungen gemacht werden, und ein Rechtsanwaltsbüro und die Anwohner sind aufgefordert, gemeinsam weiter nach Konfliktlösungen zu suchen.
Im vergangenen Jahr kamen nach Angaben des Vereins Kulturbeutel etwa 8.000 Besucher zu Konzerten und Kreativworkshops, Open-Air-Kino und Partys. "Wenn es nach mir ginge, sollte der Name 'Nirgendwo' sein", machte Anwohnerin Anita Hader während eines erneuten Vermittlungsgesprächs deutlich, zu dem die Festivalmacher im Vorfeld der Beiratssitzung ins Polizeirevier Neustadt eingeladen hatten. "Wir haben im letzten Jahr unser Vertrauen in euch verloren", fasste ein weiterer Anwohner die Haltung einiger Nachbarn zusammen, die allen angekündigten Verbesserungen zum Trotz eine Neuauflage des Festivals strikt ablehnen. Andere zeigten sich gesprächsbereit, falls es Garantien für die Einhaltung der Lärmgrenzen insbesondere während der nächtlichen Technopartys gebe.
Wie berichtet, hatte es im vergangenen Sommer neben viel Zuspruch für die zahlreichen Kulturveranstaltungen in der Nähe des Flughafens Beschwerden von Nachbarn wegen Ruhestörung gegeben. "Das Kulturprogramm war toll, und auch unsere Gäste haben Veranstaltungen auf dem Gelände gerne besucht", lobte eine Vertreterin des benachbarten Atlantic Hotels. Aber die nächtlichen Partys hätten zu zahlreichen Beschwerden der Gäste geführt. "Das wird schnell geschäftsschädigend für uns, das darf in dieser Form nicht wieder passieren."
Die Veranstalter legten der Baubehörde ein überarbeitetes Konzept vor. Demnach sollen die lärmintensiven Partys, die der Finanzierung des Kulturprogramms dienen, auf sechs Termine ie reduziert sow im Juli eine Veranstaltungspause eingelegt werden. Fest installierte Schallpegler sollen an der Musikanlage technisch unmöglich machen, dass die Musik lauter aufgedreht werden kann als genehmigt. An diesen Terminen kann sich die Behörde als Belastungsgrenze vorstellen, maximal bis 1 Uhr Geräusche zu erlauben, die so laut wie Tagesgrenzwerte sind. Danach müsste die Lautstärke auf die regulär nächtlich zugelassenen Grenzwerte reduziert werden.
Schallakustiker eingeschaltet
Außerdem haben die vier Projektverantwortlichen professionelle Tontechniker und Schallakustiker eingeschaltet, die die Ehrenamtlichen beraten haben, wie der Lärm durch weitere Maßnahmen minimiert werden kann. "Es ist unser größtes Anliegen, Sie nicht in Ihrer Nachtruhe zu stören und versprechen, alles Nötige dafür zu tun", warb Mitveranstalter Felix Graßhoff für eine zweite Chance. Rückenwind für die neuen Pläne kam dann von der Baubehörde: "Wir halten das Projekt für genehmigungsfähig, wenn die Veranstalter sich an die strengen Auflagen halten", sagte während des Anwohnertreffens Staatsrat Jens Deutschendorf. Es sei für die Stadtentwicklung wichtig, junge Leute in der Stadt zu halten. "Attraktive Kulturveranstaltungen wie diese tragen dazu bei", zeigte sich der Staatsrat überzeugt. Hielten sich die Veranstalter nicht an die Bedingungen, werde die Genehmigung entzogen. "Das werden wir mit Schallmessungen vor Ort kontrollieren", versicherte Deutschendorf.
Anwohnerin Anita Hader will dennoch eine erneute Genehmigung verhindern. Als gesundheitsschädlich bezeichnete sie die Lärmbelastung, die 2017 von dem Festival ausgegangen sei, die bis in die frühen Morgenstunden gedauert hätten. Die Anwohner fühlten sich von Ämtern und Polizei im Stich gelassen. "Wir klagen dagegen, wenn eine Genehmigung erteilt werden sollte", kündigte sie daher an.
Nach Abwägung aller Argumente gab der Beirat eine positive Stellungnahme mit Auflagen ab. Auf die endgültige Entscheidung, ob sie im Sommer ihr Festival veranstalten dürfen, müssen die "Irgendwo"-Macher noch warten. Nun werden alle Stellungnahmen in der Baubehörde geprüft, bevor diese über die Genehmigung entscheidet.
(c) Weser Kurier, 23.04.2018, Bremer Tageszeitungen AG, Bremen
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