ZwischenZeitZentrale Bremen

Die Plantage 9 lebt wieder

Eintrag von am 02.08.2010

WeserKurier2

Jetzt kommen die Zwischennutzer: Junge Kreative beziehen ehemaliges Domeyer-Gebäude

Von Anne Gerling Bürgerweide. Über ein Jahr stand es leer - doch jetzt wird es wieder lebendig im ehemaligen Betriebsgebäude des Brandschutz-Unternehmens Domeyer in der Plantage 9: Seit Anfang Juli richten peu à peu immer mehr neue Mieter Ateliers, Werkstätten und Büros in der 1600 Quadratmeter großen zweigeschossigen Immobilie ein. Sie sind allerdings keine "gewöhnlichen" Bewohner, sondern Zwischennutzer: Ihre Mietverträge sind zunächst auf ein Jahr befristet.
Vermittelt hat diese die "ZwischenZeitZentrale" (ZZZ), die bis September 2012 - ähnlich wie das Vorgängerprojekt "Landlotsen" in der Überseestadt - im Auftrag von Wirtschafts-, Bau- und Finanzsenator, Immobilien Bremen und Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) leer stehende Gebäude und brach liegende Flächen in der ganzen Stadt vorübergehend weitervermieten soll - nach dem Prinzip "vergünstigter Raum gegen befristete Nutzung".
Besonders attraktiv ist so etwas natürlich für junge Kreative, die kurzfristig und für begrenzte Zeit - etwa für ein bestimmtes Projekt - günstige Arbeitsräume suchen. Die ZZZ ist sogar ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR); die zentrale Idee dahinter ist, Leerstände zu nutzen, anstatt sie verfallen zu lassen.
Was nämlich eines Tages mit dem Domeyer-Gebäude passiert, ist unklar. Es wurde von der Stadt angekauft, um hier möglicherweise eine Straße zu bauen - bis allerdings entschieden ist, ob diese tatsächlich kommt, hat es kaum Sinn, dauerhafte Mieter zu suchen. Eine Zwischennutzung des Areals mit Büros, Werkstätten und Ateliers aber, erklären Raumplaner Oliver Hasemann und Architekt Daniel Schnier von der ZZZ, biete sich aufgrund der vorhandenen Räumlichkeiten förmlich an.
Die großen Lager- und Werkstatträume eignen sich ihrer Meinung nach auch für eine gemeinsame Nutzung - oder sogar für das neue "Co-working", eine flexible und temporäre Nutzung als Büroraum.
Eingezogen sind inzwischen eine Bildhauerin, vier Fotografen, ein Stadtplaner, ein Lehrer, ein Grafiker und Illustrator und ein Graffiti-Künstler - aber auch der Betreiber einer Eventagentur und ein Hi-Fi-Start-up. Demnächst will außerdem ein weiterer Nutzer eine "Veganbar" in dem 1959 erbauten Gebäude eröffnen. Einige Räume sind noch zu haben.
Johanna Ahlert aus der Neustadt, ehemalige Fotografiestudentin der HfK Bremen, hatte ursprünglich auf einen Raum im ehemaligen Lkw-Abfertigungsgebäude des Zollamts Hansator am Eingang zur Überseestadt gehofft. Auch dieses Objekt wird als Atelier- und Bürogemeinschaft zwischengenutzt, unter anderem ist hier die ZZZ zu finden. Da dort aber kein Platz mehr war, teilt sich Ahlert jetzt zusammen mit drei anderen Fotografen in der Plantage ein Fotostudio. "Ich habe mich sofort in diesen Raum und seinen Industriecharme verliebt", schwärmt sie inmitten ihres neuen rund 100 Quadratmeter großen Refugiums, das als Büro, Atelier und Lager dient.
Eine Etage tiefer hat gerade Graffitikünstler Markus Genesius ein paar Bilder aufgehängt, der das ZZZ-Team per Zufall kennenlernte und dabei erzählte, dass er ein Atelier suche. Genesius hat sich für den 37 Quadratmeter großen ehemaligen Sozialraum entschieden, der nebenan auch eine Dusche hat. Optimal für den Graffitikünstler: "Es gibt hier sogar einen Lackierraum mit einer professionellen Abzugsanlage!" Bis Ende Juni tritt nun die ZZZ als Hauptmieter gegenüber der Stadt auf. Wie es dann für ihre 15 bis 20 Plantagen-Untermieter weitergeht, bleibt abzuwarten. Viele hoffen auf Folgemietverträge. "Ideal", so Hasemann und Schnier, "wäre, wenn eine organisierte Gemeinschaft entstünde, die danach gemeinsam auftritt".
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.zzz-bremen.de.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG, Datum: 29.07.2010