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BWK-Koloss soll kreative Firmen anlocken

Eintrag von am 11.04.2014

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Das frühere Sortiergebäude der Bremer Woll-Kämmerei soll zu einer Art Brutkasten für junges, kreatives Gewerbe umgestaltet werden. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) ist entschlossen, die wuchtige Immobilie mit neuem Leben zu füllen - jedenfalls dann, wenn eine präzise Kostenberechnung das Risiko tragbar erscheinen lässt. Bis Jahresende soll eine entsprechende Planung vorliegen.
VON JÜRGEN THEINER
Blumenthal. Die Sortierung ist eines der markantesten Gebäude auf dem BWK-Gelände: 80 Meter lang, fast 6000 Quadratmeter Nutzfläche. Direkt an der historischen Nord-Süd-Achse gelegen, diente es zu BWK-Zeiten der Prüfung und Klassifizierung von Wollpartien. Im nächsten Jahr wird der Bau 100 Jahre alt, und es sieht so aus, als könnte dann ein neues Kapitel in der Geschichte dieser imposanten Industriearchitektur aufgeschlagen werden.
Erst vor zehn Tagen hatte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) dem BWK-Gelände einen Besuch abgestattet und dabei die grundsätzliche Absicht des Senats bekundet, die Sortierung zu einem Gewerbestandort mit kulturellen Anteilen zu entwickeln. Da private Investoren für diese Aufgabe einstweilen nicht zur Verfügung stehen, soll die WFB das Projekt vorantreiben.
Am Montagabend befasste sich nun der Blumenthaler Beirat hinter verschlossenen Türen mit dem Projekt. Nach Informationen dieser Zeitung ließen sich die Ortspolitiker von Vertretern der WFB vortragen, wie sich die Wirtschaftsförderung die Zukunft des nahezu leer stehenden Backstein-Kolosses vorstellt.
Wie zu hören ist, plant die WFB einen etappenweisen Umbau des Gebäudes, wobei zunächst ein direkt an die Nord-Süd-Achse angrenzender Bauabschnitt von rund 2700 Quadratmetern realisiert werden könnte. Die Etagen sollen dabei als größere, zusammenhängende Flächen in der Art sogenannter Lofts hergerichtet werden, die dann von den Nutzern individuell zu gestalten sind. Als mögliche Mieter hat die WFB insbesondere junge Unternehmen aus der Kreativwirtschaft im Auge. Also etwa Firmen und Existenzgründer aus Branchen wie Werbung, Filmproduktion oder Web-Dienstleistung.
Solche Akteure zieht es normalerweise nicht gerade an die Peripherie der Städte, darüber ist man sich sowohl bei der WFB als auch in der Ortspolitik im Klaren. „Stünde dieses Gebäude in der Überseestadt, wäre es uns längst aus den Händen gerissen worden", sagte gestern ein Teilnehmer der Runde im Gespräch mit dieser Zeitung. Nach Blumenthal kann man Kreativwirtschaftler deshalb wohl nur dann locken, wenn man ihnen günstige Mieten in einem attraktiven Gebäude offeriert. Und das hat wiederum direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprojekts. Die WFB schätzt die Kosten grob auf sechs bis sieben Millionen Euro. Beschlossen ist nun, dass noch im laufenden Quartal eine europaweite Ausschreibung für einen entsprechenden Architektenentwurf mit genauerer Kalkulation auf den Weg gebracht werden soll. „Bis Ende des Jahres könnte dann eine erste Entwurfsplanung vorliegen", hofft Ortsamtsleiter Peter Nowack. Erst dann sei es an der Zeit, eine endgültige Entscheidung über das Projekt zu fällen. „Sollte sich herausstellen, dass das ein dauerhaftes Zuschussgeschäft für die öffentliche Hand würde, dann bin ich der Letzte, der sagt: Ich will das aber trotzdem", verspricht Nowack.
Der Ortsamtsleiter hofft indes, dass sich das Konzept als tragfähig herausstellt. Aus seiner Sicht könnte ein Zentrum für Kreativwirtschaft der gesamten Entwicklung des BWK-Geländes einen wichtigen Impuls geben. Die Sortierung böte laut Nowack auch Platz für eine dauerhafte Ausstellung zur Geschichte der Bremer Woll-Kämmerei, wie sie von einem 2011 gegründeten Förderverein bereits vorbereitet wird. Denkbar wäre laut Nowack, dass sich ein Kämmereimuseum in der Sortierung langfristig als Außenstandort des Focke-Museums etabliert, so wie die Mühle in Oberneuland.
Diese Idee wurde gestern vom Sprecher der senatorischen Behörde für Kultur, Heiner Stahn, zurückhaltend aufgenommen. Ein solcher Vorschlag müsse zunächst innerhalb des Kulturressorts und mit dem Focke-Museum ausführlich diskutiert werden.

(c) Weser Kurier, Die Norddeutsche, 09.04.2014 von Jürgen Theiner