ZwischenZeitZentrale Bremen

Den Zwischennutzern läuft die Zeit davon

Eintrag von am 07.08.2017

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Sommerfest am Lankenauer Höft: Das Zuckerwerk hatte dazu eingeladen und viele Besucher*innen kamen. Insgesamt wünscht sich der Verein aber mehr Beteiligung aus Woltmershausen an der Zwischennutzung. Zuckerwatte, Siebdruck, Hüpfburg, Sambamusik – der Parkplatz am Lankenauer Höft ist an diesem Sonntag belebt. Das Zuckerwerk hat zum Sommerfest eingeladen. Viele Besucher sind gekommen, junge Familien mit Kindern, ältere Paare. Sie alle verweilen und spielen am Nachmittag hier in Woltmershausen. Die Terrasse mit Blick auf die Weser ist um 14 Uhr fast belegt, es ist Zeit für Kaffee und Kuchen. Von drüben erklingen Technosounds, spielende Kinder sind zu hören – eine Sommerfeier eben. Doch das „Höftfest“ auf der Landzunge in der Weser steht unter besonderen Vorzeichen. Der Verein Zuckerwerk will das Lankenauer Höft in diesen Monaten mit seinem Programm beleben. Die Zwischennutzung von Mai bis Oktober soll dabei die Anwohner aus Woltmershausen einbinden. „Aus dem Stadtteil für den Stadtteil“ ist auch das Motto für das Sommerfest. Doch in den vergangenen Wochen gab es an der Arbeit des Vereins Kritik und sogar den Vorwurf, dass sich hier auf dem Gelände Linksextremisten treffen und es Verbindungen der Gruppe zu den Ausschreitungen beim G 20-Gipfel gibt. Die Beiratssprecherin Edith Wangenheim (SPD) sprach dagegen von einer Hetzkampagne gegen Mitglieder des Zuckerwerks.

Thomas Werner kann die Vorwürfe ebenfalls nicht nachvollziehen. Er ist Mitglied im Verein, weiß von der Geschichte und wie sie entstand. Auf dem Lankenauer Höft habe es eine Solidaritätsparty für den Verein „Rote Hilfe“ gegeben. Dieser leiste Rechtsbeistand in Fällen von Polizeigewalt. Es seien dann nur 30 bis 50 Besucher zur Veranstaltung gekommen. Doch im Anschluss an den Abend gab   es laut Werner einige Behauptungen über das Zuckerwerk, die einfach nicht stimmten. „Der Aufschrei war groß.“ Der Verein sei zwar ein linkes Projekt, nicht aber linksextremistisch, wie behauptet. „Wir sind gegen jede Gewalt.“ Das Verhältnis zur Polizei vor Ort in Woltmershausen sei zudem sehr gut.

Idee der Zwischennutzung sei es, die freie Kulturszene mit dem Stadtteil zusammenzubringen und damit auch Jung und Alt. Darum gebe es beim Sommerfest zum Beispiel einerseits einen Technofloor auf der Wiese, aber auch Sambamusik auf einer Bühne. Werner gehört zu den Hauptorganisatoren des Fests. Am Nachmittag ist er mit der Zahl der Besucher zufrieden. Ein Café aus der Neustadt, eine Kita und Vereine aus Pusdorf beteiligen sich am Programm.

Daniel Schnier von der Zwischenzeitzentrale (ZZZ) freut sich ebenfalls über die Resonanz. „Toll oder?“ Besucher allen Alters seien an diesem Tag gekommen. Und Woltmershausen sei ein Dorf. Seine Hoffnung ist, dass sich das Angebot des Vereins immer mehr herumspricht im Stadtteil und somit mehr Besucher bringt. Unter der Woche sei hier sonst noch wenig „Action“. Manche ältere Besucher seien dann schon mal auf der Suche nach der Nordseescholle, weil sie nicht wissen, dass die ehemalige Gastronomie geschlossen ist.

Jetzt ist der Menüplan des neuen Cafés dagegen „vegetarisch und vegan“. Doch ob Subkultur, Hochzeiten oder Geburtstage – hier könne alles geplant werden, sagt Schnier. Alle zwei Wochen gebe es ein gemeinsames Plenum, damit jeder aus dem Stadtteil sich am Programm beteiligen kann. Dazu sei jeder eingeladen. Die ZZZ hat sich im Auftrag des Wirtschaftsressorts in wenigen Wochen darum gekümmert, überhaupt einen Betreiber für die Sommermonate zu finden. Das Zuckerwerk sei der einzige Akteur aus der Szene der Kulturschaffenden, der sich das Projekt zugetraut habe, so Schnier. Die Aufgabe sei schwierig. „Der Aufwand ist enorm groß. Ökonomisch ist das ein Desaster.“ Doch es gehe jetzt darum, die Chancen für das Lankenauer Höft am Schopfe zu packen. Schnier versucht, die Situation trotz der großen Anstrengungen und Kontroversen positiv zu sehen.

Thomas Werner hofft weiterhin auf mehr Beteiligung der Anwohner des Stadtteils. Das Programm für Ältere könne noch größer sein. Demnächst gebe es zum Beispiel eine Kräuterführung. Ansonsten finden bisher vor allem Partys statt. Die Projektträume seien ebenfalls nur wenig ausgelastet. In einem der Zimmer haben zumindest die Freifunker einen Platz gefunden. Doch viel Zeit bleibt bis Ende September nicht. „Ich habe die Sorge, dass sich die Zwischennutzung erst rumgesprochen hat, wenn wir schon wieder weg sind.“

An diesem Tag hat das Café jedoch gut zu tun. „Für uns läuft es super“, sagt Simon Lieberg, der sich ebenfalls beim Projekt engagiert. Gerade hat er eine Lasagne vorbereitet. Am Anleger ist die „Pusdorf“ zu sehen. Die Fähre bringt weitere Gäste.

Helmut Landsiedel und seine Frau sind aus der Überseestadt hergekommen. „Wir wohnen im Landmark-Tower und sehen immer die Fußgänger und Radfahrer auf dem Weg zum Lankenauer Höft.“ Schon öfter hätten sie die Zwischennutzung selbst besucht. An diesem Sonntag hat sie das Sommerfest gelockt. „Wir sind doch überrascht, dass so viele hier sind“, sagt Landsiedel. Sonst sei es nicht so voll. Früher seien seine Frau und er gerne ins nun geschlossene Restaurant gekommen. „Es ist ja nicht das. Schade.“ Doch mit der Übergangslösung ist der Bremer zufrieden. „Es ist in Ordnung, was sie auf die Beine stellen.“

Die Sonne kommt raus. Die Stimmung ist gut. Doch die Sehnsucht nach Nordseescholle bleibt noch bei einigen. 
(c) 2017, Text: Lisa Boekhoff, WESER-KURIER Mediengruppe, Bremer Tageszeitungen AG, Martinistraße 43, 28195 Bremen / Fotos: Daniel Schnier

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